#AneinanderDenken #BleibGesund
Hallo zusammen,
Freitag war es wieder so weit.
An Freitagen immer früher als an den anderen Tagen, wo ich es erst am späteren Abend mache:
Zum Hörer greifen und meine Mutter anrufen.
Dieser Tage liest man viel von Rentnern, die allen Aufforderungen zum Trotz in Cafés oder eng gedrängt auf der Parkbank sitzen. Solche (unverständlichen) Bilder erzielen eine Wirkung und lassen nicht selten Wut aufkommen.
Wir sollten darüber aber nicht vergessen, dass es viele ältere Menschen gibt, die dieser Tage nicht nur allein leben... sondern zusehends Einsamkeit spüren. Und das mehr und mehr. Heute
merkte ich, wie sehr diese Zeit meine Mutter fordert. Sie ist schon lange nicht mobil, kann also nicht alleine das Haus verlassen. Jetzt, wo es gilt den Kontakt zu vermeiden, muss sie aber
als Risikopatient daheim bleiben, kann ich sie nicht mal eben ins Auto setzen und eine Runde mit ihr drehen.
Das löst mehr und mehr etwas in ihr aus. So sagte sie mir heute, es wäre alles so beklemmend, so befremdlich. Dass auf einmal alles anders ist, sie wie eingesperrt ist, Kinder und Enkel nicht zu
ihr kommen und sie nicht geglaubt hätte, so etwas nochmals zu erleben.
Nochmals?
Ich fragte, was sie meinte.
Hatte ich eine Pandemie der letzten Jahre verpasst?
Dann führt sie aus und ich verstand, was sie meint:
Es war die Zeit des 2. Weltkriegs, in der sie ihre Kindheit verbrachte. Damals verlor sie ihre Heimat, war als Kind auf der Flucht und musste alles zurücklassen, was ihr einst Halt gab, lieb und teuer war.
Der Vergleich zu den Schrecken des Krieges mag manch einem übertrieben vorkommen. Aber sie vergleicht gar nicht, rechnet nicht die Grausamkeit von damals gegen jetzt auf. Sie spürte nur in
sich hinein und merkte, wie schlimm es ist, wenn man sich einsam und verloren fühlt in dieser Zeit... so einsam, wie sie sich damals als Kind fühlte.
Mich hat dieses Telefonat sehr bewegt. Aus diesem Blick habe ich es bislang nicht gesehen. Aber viele der Älteren haben schlimme Zeiten erlebt - und erinnern sich an harte Einschnitte und
Entbehrungen. Viele der Jüngeren sehen sich erstmals mit derart einschränkenden Umständen konfrontiert.
Bei einigen scheint TROTZ die Lösung zu sein:
TROTZ Warnungen mit anderen feiern.
TROTZ Bitten weiter zu hamstern.
TROTZ Hinweisen seinen Mitmenschen auf die Pelle rücken (an der Kasse, im Bus).
Aber dieser TROTZ ist fehl am Platze!
Er ist kein Ausdruck von Selbstbestimmtheit, er ist schlichtweg unangebracht bis dumm.
Dank meiner Mutter gehe ich etwas zuversichtlicher in die kommende Zeit. Das Wissen darum, was sie und ihre Generation erleben musste, sollte uns andere auch den passenden Umgang mit dieser
Herausforderung aufzeigen:
Indem wir nicht klagen, wie furchtbar diese Einschränkungen sind - sondern wir darauf vertrauen, dass es bessere Zeiten geben wird. Ohne Zweifel werden wir mit mehr Rücksicht und Einsicht
besser durch diese Tage kommen. Daran sollten wir denken.
Wer sich jedenfalls einerseits beklagt, keine sozialen Kontakte haben zu dürfen, sich aber gegenüber anderen unsozial verhält (im Supermarkt, in der Freizeitgestaltung), den kann ich persönlich nicht ernst nehmen.
Authentizität sieht anders aus.
In diesem Sinne:
Aneinander denken und bleib gesund.
Eine gute Zeit weiterhin und liebe Grüße
Euer
Frank